Interview mit Ali Yildirim über Blogger und das Bloggen – Teil 1

Im Rahmen einer Bacherlorarbeit wurde ich kürzlich von einem Studenten zum Thema „Blogger und das Bloggen“ interviewt. Freundlicherweise wurde mir das Interview zur Veröffentlichung freigegeben, so dass ich es nun hier teile. Freue mich über weitere Ansichten in den Kommentaren.

Wieso sind Sie Blogger geworden?

Nun zunächst berufsbedingt. Ich habe 2009 das Start-Up CoboCards gegründet und da war es wichtig, regelmäßig über Features, über das Unternehmen zu berichten. D.h. ich war zunächst Corporate Blogger.

Später habe ich erkannt, dass mir das Schreiben eigentlich Spaß macht und habe angefangen, auch privat zu bloggen.

Wäre eine Karriere im Journalismus nicht einfacher und sicherer gewesen?

Sicherlich. Aber erstens habe ich nicht Journalismus studiert und wollte daher nicht unqualifiziert irgendwo reinschliddern. Zweitens muss es natürlich auch eine Zeitung/Zeitschrift geben, die einen ohne entsprechende Qualifikation aufnimmt.

Hinzu kommt, dass man als Blogger selbst entscheiden kann, worüber man schreibt und was man letztendlich veröffentlicht.

Wo liegen die Stärken des Bloggen?

In der Unabhängigkeit. Du bist dein eigener Chef. Es gibt keinen über dir, der bestimmt, was veröffentlicht wird und was nicht. Das sehe ich z.B. bei Blogger-Communities, wo eine Person letztendlich über die Publikation entscheidet. So macht das Bloggen keinen Spaß. Als Blogger will man frei sein.

Und – gibt es Schwächen?

Als Blogger wird man natürlich nicht immer wahr und ernst genommen. Dabei recherchiert man vielleicht genauso intensiv wie ein Redakteur. Man muss sich erst Reputation aufbauen. Das braucht Zeit und viel Kraft. Wer für eine große Tageszeitung schreibt, der kriegt diese quasi in den Schoß gelegt.

Welche Themen haben besonders gute Resonanz Ihrer Meinung nach?

Themen, die ein Problem lösen. Das können z.B. Tutorials sein. Das „Wie mache ich etwas..?“. Jeder Mensch stößt in seinem Alltag auf Grenzen. Er kommt nicht mehr weiter. Er nimmt die Leistung einer Suchmaschine in Anspruch und sucht des Rätsels Lösung. Sei es ein Thema wie „Wie binde ich eine Krawatte?“ oder „Wie mache ich Werbung für mein Unternehmen?“.

Experten, die anderen etwas verständlich erklären, stoßen m.E. auf gute Resonanz.

Wie viele Leser erreichen Sie pro Monat?

Das ist mir eigentlich nicht so wichtig. D.h. ich mache mir nicht unbedingt einen Kopf darüber. Weil ich das dennoch gefragt werde, habe ich ein Zähler bei mir im Blog installiert. Dieser gibt mir derzeit einen Wert von ca. 5.000 aus.

Was sind die Qualitätsmerkmale Ihres Blogs?

Guter Content, der Mehrwert schafft für den Leser. Wenn ich Kommentare lese wie „Oh, das wusste/kannte ich bisher noch nicht“, dann ist das für mich ein Zeichen, dass ich für Mehrwert gesorgt habe.

Des Weiteren achte ich natürlich darauf, dass mein Blog auch technisch immer gepflegt ist.

Erfolgreich Bloggen ist mit großem Arbeitsaufwand verbunden. Wie viel Zeit investieren Sie?

Ich besitze mehrere Blogs. Ich versuche täglich drei Artikel schreiben. Mit Recherche nimmt dies dann schon einige Stunden in Anspruch. Aber die Zeit nimmt man sich gerne. Wenn es Spaß macht, fällt es einem auch nicht so schwer.

Welche Programme und Kommunikationswege nutzen Sie zur Distribution?

Hauptsächlich Social Media wie Facebook, Google+, Twitter, LinkedIn und Xing. Mittlerweile gibt es hierfür auch Plugins, die das mehr oder weniger automatisch tun. Ich bevorzuge jedoch immer noch das händische Verbreiten. So kann man selbst bestimmen, ob ein Artikel in dem einen oder anderen Netzwerk verbreitet werden soll.

Sehen Sie sich als eine Marke?

Nein.

Was sollte ein Blogger tun, um eine Marke zu werden?

Vor allem seinen Namen als Experten streuen. Also Selfmarketing betreiben neben seinen Artikeln. Das ist natürlich eine Typfrage. Einige Menschen mögen es nicht, sich so sehr in den Vordergrund zu drängen. Hier müssen dann ggf. Freunde und Bekannte aushelfen.

Natürlich sollte man auch an den Artikeln den Expertenstatus erkennen können. Ohne das Expertenwissen preis zu geben, geht es nicht.

Pflegen Sie Ihren Ruf?

Nun, einen großen Aufwand hierfür betreibe ich nicht. Dies ergibt sich zwangsläufig, wenn man immer weiter interesante Artikel schreibt. Würde man nämlich irgendwann nur über Unsinn schreiben, würde der Ruf von alleine in den Keller gehen.

Welche Rolle spielt die eigene Persönlichkeit? Der eigene Charakter?

Eine große würde ich sagen. Offene Menschen haben es m.E. leichter, gern gelesene Blogger zu sein, da sie z.T. auch wertvolle Informationen, die andere gerne für sich behalten, preisgeben. Niemand will das Lesen, was andere schon zig Mal von sich gegeben haben. Ich ärgere mich selbst manchmal über Überschriften, die verheißungsvoll sind, am Ende aber nichts gesagt wird.

Welche Faktoren beeinflussen positiv den Wiedererkennungswert für den Nutzer?

Ein gleich bleibendes Design und eine gleich bleibende Art des Schreibens. Ein gutes Logo beispielsweise hilft den Wiedererkennungswert zu erhöhen oder eine besondere Form des Schreibens, der auch ohne Angabe des Autors sofort den Autor erkennen lässt. Auch auf anderen Plattformen.

Nach welchen Kriterien haben Sie ihre Zielgruppe definiert?

Nach den eigenen Stärken und nach dem Markt. Jeder ist irgendwo zu einem bestimmten Thema Experte. Auch eine häkelnde Sekretärin an einer Schule. Der Markt verrät einem dann, ob sie eher über das Häkeln, über Sekretariatsarbeit oder Bildung bloggen sollte.

Gibt es für Sie moralische Grenzen beim Aufbau einer Identität? Oder halten Sie es für legitim sich im Sinne eines besseren Images eine falsche oder geschönte Identität aufzubauen?

Nein, von falschen oder geschönten Identitäten halte ich nichts. Moralische Grenzen setze ich mir nicht nur hinsichtlich der Identität, sondern auch hinsichtlich des Bloggens. Themen wie Gambling, Erotik, Alkohol/Tabak oder Kredite kommen für ich nicht in Frage. Auch wenn man negativ über diese Themen schreibt, könnte der Artikel zum Ausprobieren verleiten. Dafür möchte ich nicht der Grund sein.

Wo sehen Sie die Unterschiede zwischen freiem Journalist und Blogger?

Egal wie frei ein Journalist ist, er muss letztendlich seinen Beitrag irgendjemanden erst vorlegen. Ein Blogger, der einen eigenen Blog betreibt, muss das nicht. Ein Journalist muss sich an Richtlinien und Vorgaben halten. Ein Blogger kann frei aus dem Herzen schreiben. Das ist m.E. der größte Unterschied.

Wollen Sie sich bewusst Abheben/Abgrenzen von Journalisten?

Ein wenig schon. Wir wissen, dass selbst renommierte Journalisten großer Zeitungen nicht immer ganz unabhängig sind. Sie sitzen in Gremien bestimmter Interessengruppen. Sie werden – ob sie es wollen oder nicht – immer auch ein wenig beeinflusst. Ich halte meine Freiheit für ein besonders wichtiges Gut. Gerade wenn ich über politische oder gesellschaftliche Themen schreibe, möchte ich lange auf diese Freiheit setzen.

Fühlen Sie sich als Blogger freier gegenüber traditionellen Journalisten? Wenn ja, in welcher Hinsicht wird das deutlich?

Ja. Allein das Vorlegen eines Beitrags einem Chefredakteur kann einen schon beim Schreiben beeinflussen. Man weiß nach einer Zeit, was genehmigt und was abgelehnt wird. Also schreibt man schon unbewusst schon so, dass der Artikel nicht abgelehnt, ja sogar hochgelobt wird.

Berufsethik – Woran orientieren Sie sich?

Ich versuche niemanden persönlich zu beleidigen. Ich achte auf Persönlichkeitsrechte und versuche diese nicht zu verletzen.

Die Unabhängigkeit der Blogger könnte auch eine Kehrseite haben. Sind Blogger eher bestechlich als Journalisten?

Menschlich gesehen würde ich nicht sagen, dass Blogger bestechlicher sein können als Journalisten. Entweder lässt man sich bestechen oder nicht. Da Blogger in der Regel nicht das Geld verdienen und auch nicht die Macht besitzen, welches Journalisten verdienen und besitzen, könnte es nur einen Unterschied hinsichtlich der Höhe der Bestechungssumme geben.

Teil 2 des Interviews

In Category: Mit Schreiben Geld verdienen

Kawa

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